Abiturrede

Tach

Eigentlich sollte das hier eine kunstvolle Rede sein, einem Kunstlehrer
angemessen. Aber leider konnte man mir hier keinen Beamer zur
Verfügung stellen und so müssen Sie heute ohne den Kunstgenuss
auskommen, den ich Ihnen hier so nebenbei bieten wollte. Ganz ohne
Bild komme ich aber nicht aus – ich muss Sie daher bitten, kurz die
Augen zu schließen und sich nach Italien, in den Vatikan, in die
Sextinische Kapelle zu versetzen. Gucken Sie nach oben, in einer der
Dachkassetten sehen Sie die von Michelangelo Buonarroti dargestellte
Szene aus der Genesis: Die Erschaffung Adams.
Mit diesem Bild sind wir am Anfang der Welt, den James Ussher,
Erzbischof von Armagh und Primas von Irland, im Jahr 1650 auf der
Grundlage der Bibel auf den Sonntag, den 23. Oktober 4004 vor Christus
datierte. – Ich möchte meine Rede nicht bei Adam und Eva anfangen,
aber behalten Sie dieses Bild bitte bis auf weiteres in Ihrem Kopf.
Anfangen möchte ich mit Sokrates, und wir sind damit im alten
Griechenland, rund 400 Jahre v. Chr. Für Sokrates geschah alles
Schlechte lediglich aus Unwissenheit, richtiges Handeln folge aus der
richtigen Einsicht: „Denn jeder tut das, was er tut, weil er es für gut hält.
Das bedeute nicht, dass alles, was man tue, wirklich gut sei. Vielmehr
herrsche in Bezug auf das Gute eine große Unwissenheit. Und gerade
deshalb sei das Bemühen um das Wissen des Guten so außerordentlich
wichtig. Denn Gerechtigkeit und alle sonstigen Tugenden seien Wissen.“
Wissen, so scheint mir ist ein würdiges Thema für diese Veranstaltung.
Denn offensichtlich beschäftigt sich Schule mit Wissen. Und natürlich
wollten wir auch tugendhafte Schüler als Abiturienten in die Welt
entlassen. Aber, wenn sich ein Teil der Lehren Sokrates zu diesem Fazit –
ich wiederhole: Gerechtigkeit und alle Tugend seien Wissen,
zusammenfassen lässt, muss die Sache komplizierter sein, als sie auf den
ersten Blick wirkt

Ich habe auch etwas ordentliches studiert – Mathematik, und in der
Mathematik ist es eine Methode, sich zu fragen, was ist denn eigentlich
mit dem logischen Gegenteil? Präziser: Wenn es das Wissen vom Guten
gibt, also das richtige Wissen, was ist dann das falsche Wissen? Hier
zunächst ein eher lustiges Beispiel – ernst wird es mir später: Flat-Earther
glauben daran, dass die Erde eine Scheibe sei. Manuel Heine, ein damals
30 Jahre alter arbeitsloser Koch aus Potsdam, führte in der Call-In-Show
von Jürgen Domian im WDR aus: „Wenn Du erst einmal verstanden hast,
dass die Erde flach ist, kommst Du automatisch zu dem Schluss, dass
alles gefälscht ist!“
Manuel Heine glaubt auch daran, dass Reptiloide die Menschheit
vernichten wollen. Ich will sie jetzt nicht mit einer Systematik der
Reptiloieden langweilen es gibt Dracos, Reptiloiden-Menschen und
Reptiloiden-Greys (ohne Beamer müssen Sie sich jetzt leider selbst ein
Bild von diesen Geschöpfen machen.)
aber – das Interessante an solchen Verschwörungstheorien ist nun,
1. das die, die daran glauben völlig immun gegenüber soliden
Argumenten sind.
2. Es in der Regel eine dunkle Macht im Hintergrund gibt
3. dass wir alle nur die Verschwörungstheorien der anderen als
solche ansehen
4. und dass wir alle verschiedenen Verschwörungstheorien
anhängen, dass aber selbst weit von uns weisen.

Dazu im Folgenden Beispiele: Der römisch-katholischen Kirche gehören
weltweit etwa 1,3 Milliarden Mitglieder an (Stand: 2017).
Glaubensinhalte sind Wunder wie der Gang über das Wasser,
Verwandlung von Wasser in Wein, Wiederauferstehung von den Toten
und die unbefleckte Empfängnis von Maria. Und damit sind wir wieder
am Anfang der Welt, 4004 vor Christus, Zeuge der Erschaffung Adams.
Dieses Bild, dass im Detail einen alten Herren im Unterhemd mit einer
nackten Frau unterm Arm, durch die Gegend fliegend, zeigt, während der
nackte Adam schlaff im Gras liegt, ist durchaus christlich, denn es
schmückt, wie gesagt, die Decke der Sixtinischen Kapelle im Vatikan,
dort, wo die Kardinäle den neuen Papst wählen, wenn der alte gestorben
ist. Feministinnen mögen sich bei diesem Bild empören, weil es das
Klischee des Patriarchats zeigt. Das wirklich empörende ist nicht, dass
eine Institution, die von sich selbst behauptet, Hüterin der einzigen ewige
Wahrheit zu sein, etwas zeigt, was so nicht stimmt. Denn die Welt ist
weder eine Scheibe, noch wurde ein erster Mensch vor 4004 vor Christus
erschaffen.
Wir wissen heute, das die Erde vor ca. 4,5 Milliarden Jahren entstand, als
einer von acht Planeten die um eine Sonnen kreisen, und von Sonnen
wiederum gibt es allein in unserer Galaxis geschätzte 100 bis 300
Milliarden. Irgendwo dort draußen mag es auch die Reptiloiden geben.
Der wirkliche Skandal dahinter ist ein anderer und der führt uns zurück
zu Sokrates, auch wenn Sokrates es vielleicht ein wenig anders gemeint
hat: Sokrates meinte, der Weg zur Tugend führe über das Wissen, aber,
wenn Sokrates meint: Gerechtigkeit und alle Tugend sind Wissen, so
folgere ich als Mathematiker, die andere Richtung stimmt auch: Tugend
führt zu Wissen.

Da müssen wir jetzt etwas über Tugenden wissen. Was sind überhaupt
Tugenden? Marcus Tullius Cicero, benennt deren vier Grundtugenden:
Gerechtigkeit, Mäßigung, Weisheit und schließlich Tapferkeit.
Als Michelangelo diese Bilder malte, war er fest davon überzeugt, dass
sich das alles genau so oder ähnlich zugetragen hatte. Anders der Mönch
und Astronom Giordano Bruno. Er postulierte die Unendlichkeit des
Weltraums und die ewige Dauer des Universums. Seine Thesen vom
ewigen Bestand des Universums ließ aber keinen Raum für ein Jenseits
und die zeitliche Anfangslosigkeit des Universums auch keinen Raum für
eine Schöpfung. Er lag damit nicht ganz richtig, wie wir heute wissen,
aber er war damit näher an der Wahrheit als die Katholische Kirche.
Seinen Mut, Sie erinnern sich – Tugend –Tapferkeit – sein Mut, sich
gegen die Lehren des Vatikans zu stellen, bezahlte Giordano Bruno
am17. Februar 1600 in Rom mit dem Tot auf dem Scheiterhaufen. Aber
ohne den Mut von Männern wie Giordano Bruno würde es unser heutiges
aufgeklärtes Weltbild mit seinem großen Schatz an Wissen nicht geben.
Den Zusammenhang von Mut und Wissen bringt schließlich Immanuel
Kant auf den Punkt, wenn er 1783 auffordert: Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!
Nun ist es etwas ungehörig, das Christentum als Verschwörungstheorie
darzustellen. Hindus gibt es ungefähr eine Milliarde auf der Erde. Hindus
glauben an die Schwarze Göttin Kali, Göttin der Zerstörung und des
Todes. Ich nehme an, es wird Ihnen keine Probleme bereiten, Kali als
eine erdachte dunkle Macht anzusehen, die rund eine Milliarde
Anhängern in Furcht und Schrecken hält, sie werden keine Probleme
damit haben, Kali für so glaubwürdig zu halten wie eben die Reptiloiden.
An Verschwörungstheorien glauben immer nur die anderen.
Es gibt nicht unerheblich viele Menschen in Deutschland, die an „sanfte
Medizin, alternative Heilmethoden, an Homöopathie glauben: Laut
Allensbach-Umfrage, 2014 geben 60 Prozent aller Bundesbürger an,
schon homöopathische Mittel genommen zu haben. Tendenz steigend.
Neun von zehn davon geben an, sie hätten ihnen geholfen. In der
Homöopathie werden pflanzliche, mineralische und tierische Wirkstoffe
teilweise bis unter die molekulare Nachweisgrenze verdünnt, mit anderen
Worten: da ist dann nichts mehr drin außer Zucker. Was den Menschen
wirklich geholfen hat., ist allerdings der Plazebo-Effekt, und den
bekommen Sie mit jeder Form von Voodoo hin. Vereinfacht dargestellt
hilft der Glaube an homöopathische Mittel oder Pendeln oder welches
Voodoo auch immer, Stress abzubauen, und damit das Immunsystem
hochzufahren. Nun könnte man argumentieren – hilft doch warum also
nicht? Aber Dummheit hat immer seinen Preis.

Steven Jobs, dem wir den PC und das Smartphone zu verdanken haben,
bedauerte, nicht früher auf die moderne Medizin vertraut, wertvolle
Therapiezeit mit alternativen Heilmethoden, Fruchtsäften und
Akupunktur vergeudet zu haben. Steven Jobs erlag seinem
Bauchspeicheldrüsenkrebs 2011. Erhard Neumann, den sie nun wirklich
nicht kennen müssen, Harz 4 Empfänger, Ex-Junkie und vielleicht der
letzte echte Hippie Bremens, der sich mit großem Enthusiasmus jeder
Form von alternativen Medizin verschrieb, starb mit 61 Jahren an einer
Lungenendzündung, die er mit Tigerbalsam und Globuli nicht in den
Griff bekam. Er war ein Freund von mir. Meiner Schwester ging es wie
Steven Jobs, ein Homöopath auf Sylt nahm sie finanziell aus, konnte ihr
aber natürlich nicht helfen.
Das mögen Einzelschicksale sein und vielleicht hätte die von den
Homöopathen geschmähte Apparatemedizin deren Leben nicht um vieles
verlängert.
Als 2014 in Afrika eine Ebola-Epidemie ausbrach, schickte der
Ärzteverband „Liga Medicorum Homoeopathica Internationalis“ (LMHI)
nach eigenen Angaben eine Delegation homöopathischer Ärzte ins
Katastrophengebiet nach Liberia, „um Infizierte mit Globuli zu
behandeln. „Mediziner, die mit stark ländlich geprägten und verarmten
Menschen arbeiten, mühen sich ab, die medizinische Hilfe zu liefern, die
vonnöten ist“, sagt Victoria Murphy, Programmdirektorin bei Sense
About Science. Die Reklame für die Homöopathie als effektive und
günstige Behandlungsmethode macht diese bereits schwierige Aufgabe
noch schwieriger. Dadurch werden Leben aufs Spiel gesetzt und es wird
die konventionelle Medizin untergraben sowie Desinformationen
verbreitet. Wenn Homöopathie anstelle effektiver Behandlungsmethoden
tritt, sterben Menschen.“ Die Dunkle Macht im Hintergrund ist dann
übrigens die Pharma-Industrie, die uns mit Chemie vergiftet und sich
dumm und dusselig an Impfstoffen verdient, weswegen die Anhänger
alternativer Heilmethoden auch gern mal Impfgegner sind.
Ich halte die latente Wissenschaftsfeindlichkeit, die hinter den
alternativen Heilmethoden steht, für das wirkliche Problem. Deutschland
war mal die führende Nation auf dem Gebiet der Medizin, heute
exportieren wir Hokuspokus wie die Homöopathie bis nach Afrika und
Indien mit der Gefahr, früher oder später auf dem Gebiet der Medizin
nicht mehr ernst genommen zu werden.
Meine Tochter las mir vor ein paar Tagen aus dem Buch „Die Gabel, die
Hexe und der Wurm“ von Christopher Paulini folgenden Satz vor, denen
ich Ihnen, liebe Abiturien, Gendersternchen und Innen ans Herz legen
möchte: „Strebt nach Weisheit! Oder wenigstens nach einer Verringerung
der Idiotie!“

Die Gendertheorie als Verschwörungstheorie lasse ich mal weitgehend
weg, nur so viel dazu: In dieser Theorie bin ich, der mit toxischer
Männlichkeit ausgestattete alte weiße Mann gewissermaßen der/das
Reptiloied, der Verschwörer. Originalton aus der Zeit-online vom
10.06.19, wo die amerikanische Professoren und Schriftstellerin Roxane
Gay befindet: Männer haben diese Welt mehr als 2.000 Jahre lang regiert
und es in dieser Zeit geschafft, die Welt in den Ruin zu treiben. Und dann
führt Roxane Gay weiter aus, warum Frauen es wahrscheinlich auch nicht
besser machen würden: „Auch Frauen haben sich den patriarchalen
Strukturen angepasst und vertreten lieber die Interessen des Patriarchats
als ihre eigenen.“
Also liebe Abiturienten, Gendersternchen und Innen, wenn Sie dereinst
an meiner Stelle hier stehen werden, und alles ist den Bach runter, dann
wissen Sie, woran das lag: An den Männern und wenn es doch nicht an
den Männern lag, weil Sie, die Abiturientinnen die Welt regiert haben –
sie werden keine Schuld tragen, sie waren nur verblendet vom
Patriarchat.
Bei den Verschwörungstheorien fehlt noch Greenpeace und Co. Nun
werden Sie sich fragen, kann er nicht wenigstens die Regenbogenkrieger
in Ruhe lassen? – leider nein. Neben den durchaus respektablen Erfolgen
der Umweltschützer schlägt leider zu Buche, dass sie aus dem
Umweltschutz eine Glaubensfrage gemacht haben: Ob es klug war, die
klimaneutrale Atomkraft in der Art zu verteufeln, dass man in dieser
Republik kein Endlager mehr hinbekommt, sei dahingestellt. Die
Gentechnik als Teufelswerk hinzustellen aber ist unverzeihlich.
Der deutsche Biologe Ingo Potrykus hatte um das Jahr 2000 herum einen
Gen-Reis (den golden rice) entwickelt, der verhindern könnte, dass
Hunderttausende von Kindern aus Mangel an Vitamin A erblinden oder
sterben. Aber nur die Philippinen und Bangladesch hatten sich auf
Freilandversuche eingelassen, „die dann von Gentechnik-Gegnern
zerstört oder bedroht wurden.

Dort, wo Umweltschutz in Technikfeindlichkeit umschlägt, wird
Umweltschutz kontraproduktiv. Bezogen auf die Gentechnik geht die
Meinung zwischen Forschern und Öffentlichkeit überaus deutlich
auseinander. Die Frage, ob es sicher sei, gentechnisch veränderte
Lebensmittel zu essen, beantworteten im Schnitt 88 Prozent der Forscher
mit Ja, in der Allgemeinbevölkerung waren es nur 37 Prozent der
Befragten“. Nur 17 Prozent vertrauen den Wissenschaftlern, wenn es um
Grüne Gentechnik geht, also um gentechnisch veränderte Pflanzen.
2016 haben über 100 Nobelpreisträger Greenpeace dazu aufgefordert, die
Kampagne gegen das Golden-Reis-Projekt zu stoppen. Sie
argumentierten unter anderem mit Zahlen von UNICEF, die zeigen, dass
jährlich 2 Millionen Todesfälle auf Vitamin A-Mangel zurückzuführen
sind. Das sinistre von Greenpeace und co aber ist ihr Geschäftsmodell.
Umweltschützer leben von der Angst sie verbreiten mit Lust
Endzeitstimmungen und genau dem möchte ich heute ein Evangelium
entgegensetzen: Der Begriff Evangelium kommt aus dem Altgriechischen
und bedeutet „gute Nachricht“ oder „frohe Botschaft“. Ich war im
Unterricht des Öfteren geradezu erschüttert, mit welchem Pessimismus
Sie, die Schüler in die Zukunft schauen. Die frohe Botschaft lautet:
Anders als Frau Roxane Gay behauptet, hinterlassen wir Ihnen mitnichten
einen ruinierten Planeten– das Gegenteil ist der Fall: „Sie leben in der
bisher besten Welt aller Welten!“
Der schwedischer Medizinprofessor Hans Rosling nennt die
vorherrschende Untergangsstimmung eine „toxische Kombination aus
Ignoranz und Arroganz“ . Der Welt geht es heute so gut wie nie, unsere
Wahrnehmung ist genau anders herum. Fragt man in England oder
Schweden nach der durchschnittlichen Lebenserwartung in der Welt,
antwortet bei einer Auswahl von 50, 60 oder 70 Jahren nur jeder Fünfte
richtig. Die Lebenserwartung ist ein Indikator unter anderem für
Fortschritte in der Nahrungs- und in der medizinischen Versorgung. Sie
stieg in den letzten 30 Jahren laut UN-Report von 64,2 Jahren auf 72,6
heute und werde bis 2050 laut UN-Prognose auf 77,1 Jahre klettern. Dass
die globale Alphabetisierungsrate heute bei 80 Prozent liegt, können sich
in Deutschland nur 30 Prozent der Befragten vorstellen.
Max Roser, Ökonom am Institute for New Economic Thinking (INET) in
Oxford weist ebenso darauf hin: „Die Geschichte des Homo sapiens ist
überwiegend eine Geschichte gewaltigen Fortschritts und spürbarer
Verbesserungen. Die Zahl der Morde? Ist dramatisch geschrumpft über
die Jahrhunderte. Die Kosten für künstliches Licht, also Kerzen oder
Lampen? Dramatisch gesunken. Die Häufigkeit von TankerKatastrophen?

Geht zurück. Auch die Armut nimmt weltweit so schnell
ab wie nie zuvor.“ Wir sind heute weltweit gesünder, die
Kindersterblichkeit sinkt und damit steigt die Lebenserwartung–
besonders schnell in den armen Ländern. In den Industrieländern sehen
wir die größten Fortschritte heute in weichen Themen wie dem Umgang
mit Kindern, Behinderten oder mit lange geächteten Minderheiten wie
den Homosexuellen

Ganz konkret dazu: Steven Pinker schreibt in seinem Buch „Gewalt“ über
die Erziehung von Kindern in den USA: In der 2. Hälfte des 18.
Jahrhunderts wurden laut einer Umfrage 100 Prozent der Kinder mit
einem Stock, einer Peitsche oder einer anderen Waffe geschlagen.
Übrigens auf der Grundlage der Bibel: Wer seine Rute schont, der hasst
seinen Sohn; wer ihn aber liebhat, der züchtigt ihn bald.
Der Grund für all diesen Fortschritt lässt sich recht präzise benennen: Es
ist Wissen, aber nicht irgendein Wissen sondern faktenbasiertes Wissen.
Die weltumspannende Anerkennung der Naturwissenschaften hat der
Welt einen enormen und durchaus globalen Wohlstand verschafft. Das
historisch Offensichtliche ist, dass wir in der faktischsten aller Zeiten
leben, dem Ergebnis von Wissenschaft, Technik und Aufklärung. Was
wäre die Menschheit ohne die unermüdliche Arbeit der Faktensammler
aus der Vergangenheit? „Dümmer, ärmer, kränker wären sie und viele
längst tot.
Die Befreiung des Menschen aus seiner selbst verschuldeten
Unmündigkeit (Sie erinnern sich – Kant forderte dazu auf) war nämlich
ein einziges kollektives Fact-Checking.“ Vor dem Durchbruch der
Naturwissenschaften gab es eine Menge kruder Ideen, wie Menschen für
Götter zu opfern, Hexen für schlechte Ernten verantwortlich zu machen,
Tigerpenisse für ein Aphrodisiakum zu halten, Templeritter für
Weltverschwörer zu halten, Juden auch, Tieren keine Empfindungen
zuzugestehen und dass Könige von Gottes Gnade herrschen.
Viele dieser naturwissenschaftlichen Erkenntnisse wurden von mutigen
Forschern gegen gewaltigen Widerstand errungen und auch heute noch
werden Forscher angefeindet, wenn sie sich dem Fortschritt des Wissens
verschreiben. Auf dem Scheiterhaufen brennt heute – man muss sagen –
Gott sei Dank – hier im Westen niemand mehr, aber auch ungenutzte
Chancen fordern Leben, wie nicht nur das Beispiel des „golden rice“
zeigt.
Aus all dem, was ich heute hier vorgetragen habe, lässt sich nun ein
eindeutiger Auftrag an Sie, liebe Abiturienten formulieren: Streben Sie
nach Weisheit! Oder wenigstens nach einer Verringerung der Ideotie!!
Auch heute noch verlangt es Mut, sich für Demokratie und
Menschenrechte einzusetzen und die Welt zu einem besseren Ort zu
machen. Seien Sie tapfer, wenn es um faktenbasiertes Wissen geht,
kämpfen Sie für das Wissen und mehren Sie dieses Wissen, Denn
Gerechtigkeit und alle Tugend sind Wissen. Und schließlich auch: Seien
Sie optimistisch, denn sie leben tatsächlich in der besten aller bisherigen
Zeiten, aber natürlich – noch besser geht immer!
Ich schließe mit Worten des große Buddha: (ist allerdings nur der zweite
Teil des Sinnspruches über den mittleren Weg), aber der mag für heute
reichen:
„….aber lasst Euer Herz auch nicht darben.“
Feiert, wenn es etwas zu feiern gibt – und – heute ist so ein Tag!!

Die Rede ist etwas lang geworden! Aber Sie können Sie gern als Steinbruch für eine eigene Rede verwenden. Ansonsten gilt: © bei Peter-Paul Manzel

Abiturrede von Peter-Paul Manzel – Kunstlehrer an der GHS Griesheim, Abiturrede; Rede für eine Abiturfeier; Abitur