„SoftGene – wie die Evolution unsere Kultur hervorbringt.“

Exkurse zum Hauptteil II: Emulation

Emulation

Zum Körper-Geist-Problem auch noch in Anlehnung an die Äquivalenz von Energie und Materie diese Randbemerkung: In der Informatik ist die Austauschbarkeit von Hard- und Software eine unbestreitbare Tatsache. Aber betrachten wir auch nur einen Abakus. Ein Abakus ist ein einfaches mechanisches Rechengerät. Es besteht aus einem Holzrahmen. In dem Rahmen sind übereinander zehn waagerechte Stäbe angebracht. Auf jeder Stange sind 10 Holzperlen aufgezogen. Mit einem Abakus kann man über das Verschieben dieser Kugeln addieren und subtrahieren.

Heute können Sie auf Ihrem Computer ein Programm[1] aufrufen, dass Ihnen eine interaktive Grafik bietet, die einen Abakus darstellt. Auf dieser Grafik können Sie mit der Maus Kugeln verschieben, wie auf einem materiellen Abakus und auch so rechnen. Es werden nicht nur die Funktionen eines Abakus als Software nachgestellt, sondern auch der Abakus selbst. Das wichtigste aber ist: Dieselben Operationen, „Addieren“ oder „Subtrahieren“, lassen sich sowohl mechanisch als auch elektronisch lösen, für dasselbe Problem gibt es eine Hardware- und eine Software-Lösung.

Auf die Biologie übertragen finden wir den digitalen Code der DNS, der Informationen in vier Nukleotiden codiert: Guanin (G), Thymin (T), Adenin (A) und Cytosin (C). In Zellen wird der DNS-Code dann zunächst in einen RNS-Code übertragen und dann in Proteine übersetzt. „Das heißt, sie verwandeln genetische Informationen in einen physikalischen Vorgang.“[2] Dann können z.B. Protein-Hormone ein Verhalten auslösen oder steuern. Diese Verhaltenssteuerung kann entweder direkt durch die Gene ausgelöst werden, ist also nur von der „Hardware“ abhängig, oder es löst Verarbeitungsprozesse in einem Gehirn aus. Dann wird ein vielleicht ähnliches Verhalten durch eine Art „Software“ beeinflusst.

Tatsächlich ist die Verhaltenssteuerung bei höheren Tieren und uns Menschen eine Mischform aus genetischen Faktoren und neuronalen Prozessen, ein Zusammenspiel von Hardware und Software, ähnlich wie in einem Computer. Denken ist ein elektrochemischer Prozess des Gehirns, der Muskeln in Bewegung versetzen kann. Die Intensität unserer Gefühle, und damit der Antrieb, wie stark wir etwas vermeiden oder wollen wollen, hängt dabei von der Menge der ausgeschütteten Neurotransmitter ab, also z.B. von Hormonen.

[1] z.B. edumedia-sciences.com/de/media/461-abakus-suanpan

[2] Nurse 2021, S. 113

© Peter-Paul Manzel